Felix Hurdes. Seine Bedeutung für die Christdemokratie und die Geistesgeschichte in Österreich
In der mittlerweile vierten Folge der Veranstaltungsreihe „Forschungen aus dem Archiv“ stand der Mitbegründer der Österreichischen Volkspartei und frühere ÖVP-Generalsekretär sowie Unterrichtsminister Dr. Felix Hurdes im Mittelpunkt.
Dr. Erik Kroiher, Referent des Abends, hatte seine umfangreiche Dissertation (Univ. Wien, Approbation 2016) zur geistesgeschichtlichen Entwicklung der Zwischenkriegszeit mit dem Fokus auf die Bedeutung von Felix Hurdes gelegt, und dabei in zentralen Beständen des KvVI-Archivs geforscht.
Hurdes zählte zu jener Generation, die bereits in der Zwischenkriegszeit um die Identität Österreichs gerungen haben. Als Kärntner Landesrat der Christlichsozialen Partei, später als Landesleiter der Vaterländischen Front und der Ostmärkischen Sturmscharen, war er während der 1930er Jahre Teil einer verunsicherten und doch visionären Generation, die ihr Streben nach Unabhängigkeit und ihren ausgeprägten Behauptungswillen zum Motor einer österreichischen Selbstständigkeit machten.
Es war das Streben nach Selbstständigkeit, das Hurdes nach dem März 1938 in zahlreiche Gefängnisse und NS-Konzentrationslager brachte. Hier wurde sein Wunsch nach Unabhängigkeit und sein Österreich-Patriotismus jedoch nicht gebrochen, sondern nur verstärkt. Seine Autobiographie „Vater unser“ legt bis heute davon Zeugnis ab. Noch im Frühjahr 1945 stellte sich Hurdes sofort nach seiner Rückkehr aus dem KZ, dem politischen Wiederaufbau zur Verfügung, und er war einer der Mitbegründer der Österreichischen Volkspartei..
Auch in dieser Phase zeigte sich bald, dass sowohl parteipolitische Anpassung, als auch die Einsicht, dass man einflussreiche Gruppierungen hinter sich haben muss, um sich länger in einer Spitzenposition halten zu können und um langfristig Erfolg zu haben, nicht seine Stärke waren.
Er war nicht bereit, Parteien und Staat als eine Einheit zu sehen; eine Unterscheidung, die so manche „Großkoalitionäre“ der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht mit ihm teilten. Seine Initiativen als Unterrichts- und Kulturminister waren bald heftigster Kritik ausgesetzt.
In der Biographie von Felix Hurdes bündeln sich entscheidende Fragen zum österreichischen 20. Jahrhundert:
Wieviel österreichische Eigenständigkeit verträgt ein Kulturraum, der politisch, wirtschaftlich und kulturhistorisch stets mit seinen europäischen Nachbarn verbunden war. Was zeichnet grundsätzlich eine „österreichische Eigenheit“ aus?
Welchen Stellenwert hat Kultur für ein kleines Land wie Österreich, wenn die wirtschaftlichen Erfordernisse offensichtlich alles andere überlagern?
Hurdes entwickelte sich schließlich zu einem leidenschaftlichen Europäer, der messbar mehr Anerkennung für seine internationalen Kooperationen erhielt, als für seine innenpolitische Politik oder parteipolitischen Initiativen .
Des Weiteren zeichnete er für die ersten Programmentwürfe der Volkspartei verantwortlich. Die ersten Parteipositionen trugen maßgeblich seine Handschrift. Aber Hurdes blieb trotz zahlreicher Visionen der Mann, der er immer war. Eine Persönlichkeit, die alles hinterfragte und zu große Abhängigkeit scheute. Als freiberuflicher Rechtsanwalt konnte sich Felix Hurdes stets ein unabhängiges Standbein bewahren.
Erik Kroiher spannte einen lebendigen Bogen vom Zusammenbruch der Monarchie, der Pluralität des bürgerlichen und katholischen Geisteslebens der 1920er und 1930er Jahre, bis hin zu Okkupation, Widerstand und dem Aufbau der Zweiten Republik.
Kroiher war langjähriger Leiter der internationalen Abteilung der Politischen Akademie und außenpolitischer Direktor der ÖVP, gegenwärtig ist er Direktor für internationale Beziehungen und Business Development der Kapsch-Gruppe.
An die 30 Besucher folgten an diesem Abend einer spannenden Reise durch Österreichs Geistesgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.