Gerhart Bruckmann

Von frühester Jugend an galt sein Interesse der Mathematik, der Logik und der frühen Computerwissenschaft. Seinem breiten Interessensspektrum folgend studierte er Bauingenieurwesen, Volkswirtschaftslehre, Mathematik, Versicherungsmathematik, Physik und Statistik. Durch die wiederholte Zuerkennung von Stipendien war es ihm möglich Studien in Graz, USA, Wien und Rom zu finanzieren. Schließlich promovierte er 1956 in Rom aus Statistik und Versicherungswissenschaften.

Die Nationalratswahlen 1966 sollten das Leben von Gerhart Bruckmann entscheidend verändern. Bruckmann hatte – weltweit als einer der ersten – ein mathematisch-statistisches Verfahren zur Hochrechnung von Wahlergebnissen aus Teilresultaten entwickelt, das er anlässlich der Nationalratswahlen vom 6. März 1966 anwandte und im Österreichischen Fernsehen erstmals öffentlich präsentierte. Damit stand er über Nacht im Rampenlicht und wurde einer breiten Öffentlichkeit als Wahlhochrechner der Nation bekannt.

Wie zahlreiche Experten und – im positiven Sinn – „Querdenker“ wurde auch Gerhart Bruckmann von Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Dr. Josef Klaus eingeladen, im Rahmen der „Aktion 20“ mitzuarbeiten. Damit bewies Josef Klaus, dass sich erfolgreiche Politik Zukunftsfragestellungen und Zukunftstechniken gegenüber nicht verschließen dürfe.

Der Eindruck, den dieses Auftreten im Jahre 1966 machte, lässt sich heute nur schwer nachvollziehen; in der damaligen Frühzeit des Einsatzes elektronischer Rechenanlagen schien diese Hochrechnung schiere Zauberei. Er publizierte sein Verfahren als Habilitationsschrift noch im selben Jahr und wurde 1967 an die Hochschule Linz und 1968 an die Universität Wien, als o. Univ.-Prof. für Statistik in der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät berufen. Gleichzeitig wurde ihm die Leitung des Instituts für Höhere Studien anvertraut, eine Tätigkeit, die er bis 1973 wahrnahm.

Die nächste Weichenstellung erfuhr seine Karriere, als er Anfang 1970 vom damaligen Bundeskanzler Klaus zu einem Mittagessen mit den führenden Exponenten des 1968 gegründeten Club of Rome eingeladen wurde. Seit damals hat er sein gesamtes wissenschaftliches Schwergewicht dieser Thematik neben Fragen des Wahlrechts und der Wahlarithmetik gewidmet.

Im Rahmen seiner akademischen Tätigkeit war Bruckmann mit Leib und Seele Lehrer. Er bewies auch in der Lehre seine Innovationskraft. So propagierte er die Idee, Planspiele in die Lehre zu integrieren, mit von ihm selbst entwickelten Unternehmensplanspielen.

Da Bruckmann die wachsende Bedeutung der Computerwissenschaften schon früh erkannt hatte, setzte er sich massiv für die Einrichtung eines angewandten Studiums der Informatik an der Universität Wien ein. Gemeinsam mit dem Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre, Erich Loitlsberger, entwickelte er das achtsemestrige Studium der Betriebs- und Wirtschaftsinformatik an der Universität Wien, das bis heute (wenngleich in abgeänderter Form) besteht. 1971 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt.

Von 1983 bis 1985 war Bruckmann Präsident der Österreichischen Statistischen Gesellschaft (ÖSG), zu deren Ehrenmitglied er 1997 gewählt wurde. Er ist auch Namensgeber des Gerhart Bruckmann Preises der ÖSG, der seit 2015 für Aktivitäten vergeben wird, die dazu beigetragen haben, den Stellenwert und das Ansehen der Statistik in der Öffentlichkeit zu verbessern. Von 1988 bis 1991 war er Präsident des Österreichischen Akademikerbundes der Österreichischen Volkspartei. 1986 lud ihn der damalige Bundesparteiobmann der ÖVP, Alois Mock, ein, „seine Auffassungen innerhalb der ÖVP und im Nationalrat zu vertreten“. Er folgte diesem Ruf und war von 1986 bis 1994 und von 1999 bis 2002 Abgeordneter zum Nationalrat. Im österreichischen Nationalrat war Bruckmann in zahlreichen Ausschüssen tätig.

Im Jahre 2002 schied er – mit Auslaufen der Legislaturperiode – mit 70 Jahren als damals ältester Abgeordneter aus dem Nationalrat aus.