Forschungen aus dem Archiv

Richard Weiskirchner. Ein zu Unrecht (fast) vergessener Wiener Bürgermeister.
„Mein Programm heißt Dr. Karl Lueger“ Vortrag von Prof. Mag. Christian Mertens

Donnerstag, 26. November 2024

Richard Weiskirchner bestimmte als „Kriegsbürgermeister“ und als (Nach-) Nachfolger Karl Luegers, des Übervaters der Christlichsozialen Partei, das Schicksal der Stadt Wien von 1912 bis 1919 entscheidend mit. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges blieb sein politischer Spielraum jedoch beschränkt. Darüber hinaus war Weiskirchner erst aus einem Diadochenkampf zu Luegers Nachfolger geworden. Dieser Geburtsfehler blieb Weiskirchner anhaften. Als hoher Beamter des Wiener Rathauses, als Pragmatiker – wie ihn sein Biograph Christian Mertens bezeichnet – lag sein Verdienst eher darin, eine Partei, die in eine extrem gefährliche Schieflage gekommen war und ihre Identität und den Sinn im Zusammenhalt suchte, zu führen.

Die Christlichsoziale Partei war durch Luegers Tod ihres Zentrums und ihrer Identifikationsfigur beraubt. Immerhin gelang es Weiskirchner, die Talfahrt der bis 1911 erfolgsverwöhnten Christlichsozialen Partei zu verlangsamen – oder wie manche es interpretieren – zu stoppen. Als Bürgermeister der Reichs-, Haupt- und Residenzstadt Wien konnte Weiskirchner sehr wenige seiner großen und im Grunde ehrgeizigen Pläne umsetzen. Egal ob dies eine U-Bahn für Wien war oder der Bau zusätzlicher Donaubrücken. Der Ausbruch des ersten Weltkrieges brachte weitere extreme Not und allgemeinen Mangel über Wien.

Symbolisch ist „seine Straße“ im Stadtplan Wiens zu sehen. Als verlängerte Landstrasser Hauptstraße führt die Weiskirchnerstraße direkt hin – nur durch den Ring getrennt – zum Lueger-Platz und zum Lueger-Denkmal.

Der Vortragende Mag. Christian Mertens, stv. Leiter der Wienbibliothek und einer der führenden Historiker zur Geschichte der Christdemokratie in Österreich und in Europa, führte anhand seines 2006 erschienen Buches über Richard Weiskirchner kenntnisreich und voller Anekdoten (inklusive Karikaturen der Zeit!) durch diesen Abend an dem mehr als 35 Besucher teilnahmen. Die „Weiskirchner-Biographie“ war seinerzeit mit Hilfe umfangreicher Quellen aus dem Archiv des KvVI entstanden. 

Christian Mertens bei seinem Vortrag über Bürgermeister Richard Weiskirchner.