„Mit der online abrufbaren Opferdatenbank, entstanden aus einem gemeinsamen Forschungsprojekt des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) und des Karl von Vogelsang-Instituts, werden die Namen von rund 8.000 getöteten Männern und Frauen, die während der NS-Zeit zu Opfern der politischen Verfolgung wurden, erstmals dokumentiert und der Forschung zugänglich gemacht. Die Datenbank macht den Schrecken des NS-Terrors anschaulich. Sie gibt abstrakten Zahlen und Ziffern einen Namen und ein Gesicht.“ So Helmut Wohnout, Geschäftsführer des Karl von Vogelsang-Instituts, anlässlich der Präsentation der Datenbank am 6. März 2013.
Die wissenschaftliche Leiterin des DÖW,
Brigitte Bailer, bezifferte die Gesamtzahl der politischen Todesopfer des Nationalsozialismus
in Österreich mit rund 9.500 Personen. Auf Grund verloren gegangener
Aktenbestände sei es heute nicht mehr möglich alle Namen zu dokumentieren, auch
wenn die Datenbank laufend erweitert werde. Sie bleibe auch nach der
Präsentation ein „work in progress“, wobei individuelle Rückmeldungen ein
wesentliches Element der Bearbeitung darstellen. Bailer geht davon aus, dass
ungefähr 100.000 Menschen aus dem heutigen Österreich in der NS-Zeit mit der
Gestapo in Konflikt gekommen seien, wobei zu berücksichtigen ist, dass nicht
alle im Widerstand Tätigen in die Fänge der Gestapo gerieten. Die Gesamtzahl
der Österreichinnen und Österreicher, die 1938 bis 1945 Widerstand leisteten,
gehen daher über diese Zahlen hinaus.
Bailer führte weiters aus, dass die Gesamtzahl der verfolgungsbedingt ums Leben
gekommenen österreichischen NS-Opfer mit mindestens 110.000 Menschen beziffert
werden müsse; zu ihnen zählen Widerstandskämpfer, Politisch Verfolgte, Jüdinnen
und Juden, Homosexuelle, Roma und Sinti sowie Opfer der NS-Medizinverbrechen.
Seitens des Vogelsang-Institutes hob Helmut Wohnout die lange und
wissenschaftlich konstruktive Zusammenarbeit mit dem DÖW hervor. Schon zwischen
1999 und 2002 konnte ein gemeinsames Forschungsprojekt zur erstmaligen
vollständigen Erfassung der Opfer des NS-Terrors zwischen 1933 und 1938
durchgeführt werden. Das nunmehr präsentierte Projekt, quantitativ viel
umfangreicher und methodisch teils äußerst komplex, wurde 2002 gestartet. Die
beiden Sachbearbeiter, Johannes Schönner (KvVI) und Gerhard Unger (DÖW) hatten
sich dabei einer jahrelangen, akribischen quellenmäßigen Rechercheaufgabe
gestellt.
Johannes Schönner betonte das Entgegenkommen nationaler und internationaler
Gedenkstätten, aber auch von Landesarchiven, Landesgerichten und kommunalen
Dokumentationseinrichtungen als Voraussetzung für das Gelingen des Projekts.
Exemplarisch hob er die Strafvollzugsanstalt München-Stadelheim hervor, in der
von 1939 bis 1945 hunderte Österreicherinnen und Österreicher inhaftiert und
hingerichtet wurden. Dank der Unterstützung der Leitung der Strafanstalt
Stadelheim konnten erstmals Angaben zur Identität der Opfer wissenschaftlich
ausgewertet und in die Datenbank aufgenommen werden.
Abschließend strich Helmut Wohnout hervor, dass die vorliegende Datenbank dafür prädestiniert ist, didaktisch sinnvoll im Geschichtsunterricht, etwa bei der Erstellung von Projektarbeiten mit einem regionalen Hintergrund eingesetzt zu werden. Sie eröffnet neue Möglichkeiten für die Erinnerungs- und Vermittlungsarbeit, genauso wie für die individuelle Ahnen-und Familienforschung.